Tiergestützte Intervention – eine Selbsterfahrung
Im Rahmen meiner eigenen tiergestützten ergotherapeutischen Arbeit setzte ich je nach Indikation meine Hunde zum Erreichen und Unterstützen von definierten Therapiezielen ein.
Dass meine Hunde für mich selber zu „Co-Therapeutinnen auf 4 Pfoten“ wurden, gehörte eigentlich nicht ins Programm. Aber ich bin sicher und überzeugt, dass meine zwei Hundedamen einen riesigen Beitrag zu meiner Genesung geleistet haben. Wenn auch ausserhalb des regulären Therapieprogrammes der Rehaklinik, zu den Randzeiten.
Für mich waren diese „Randzeiten-Besuche“, respektive ausserregulären „Therapiesequenzen“, die Highlights im Tagesablauf. Um der Richtigkeit halber reden wir hier nicht von tiergestützter Therapie, sondern vielmehr handelte es sich um tiergestützte Aktivitäten. Es gab ja in dem Sinne keine definierten Rehaziele während den Hundebesuchen. Aber für mich ganz persönlich habe ich – Ergotherapie sei dank - eigene Ziele gesetzt und so ganz nebenbei Funktionen trainiert und immer wieder reflektiert, wo ich stehe.
Was aber ganz sicher im Zentrum stand, war die tägliche Vorfreude auf den Besuch der Hunde am Abend. Diese Freude hat mich jeweils durch den Tag getragen und mir Zuversicht gegeben.
Natürlich war das alles nur möglich dank der Unterstützung von lieben Menschen in meinem Umfeld, die jeden Abend den Weg unter die Räder genommen haben, um mit mindestens drei Hunden im Auto in der Rehaklinik vorzufahren.
Nach einer Zeit der Eingewöhnung war es für die Hunde auch völlig normal, dass wir zusammen unterwegs waren und sie dann wieder ins Auto stiegen und ohne mich nach Hause fuhren. Sie waren guter Laune, verspielt und verfressen wie eh und je. Das war möglich, weil sie in einem so tollen Umfeld aufgehoben waren während diesen Wochen. Und weil sie eine sichere Bindung aufbauen konnten und auch deshalb mit dieser ungewohnten Situationen so gut zurechtkamen.
Das Kerngeschäft der Ergotherapie ist bekanntlich, den Menschen in seiner Handlungsfähigkeit zu unterstützen und zu fördern. Dazu werden geeignete Mittel eingesetzt. In meiner Arbeit sind das je nach dem meine Hunde oder alltagsbezogene Aktivitäten.
In meinem Fall waren das ganz bestimmt die beiden Hundedamen. Sie haben mich auf den Spaziergängen gefordert und gefördert, und zwar auf allen Ebenen. Die wichtigste Ebene war für mich die sozio-emotionale. Die Hunde haben durch ihre Unbeschwertheit und ihre fordernde Präsenz soviel Freude, Wohlsein, Leichtigkeit und Ablenkung gebracht. In dieser „Hunde-Zeit“ war es gar nicht anders möglich, als mit allen Sinnen bei und mit ihnen zu sein.
Im weiteren halfen sie mir, kognitive Funktionen zu trainieren und zwar alltagsbezogen und nicht computergestützt. Wobei das eine das andere auf keinen Fall ausschliesst, sondern sich gegenseitig ergänzt. Wenn ich alleine unterwegs war mit zwei bis vier Hunden, musste ich zwangsläufig mein Blickfeld trainieren, um alle Fellnasen im wahrsten Sinne des Wortes nicht aus den Augen zu verlieren. Im weiteren konnte ich in diesem Setting die geteilte Aufmerksamkeit üben, meine Reaktionsfähigkeit schulen, sowie die Konzentrationsfähigkeit vergrössern.
Und ich war jeweils echt stolz, wie gut das geklappt hat. Auch das trägt zur Genesung bei: sich selber wieder etwas zutrauen, sich wieder befähigen, im Alltag unterwegs zu sein.
Zu Beginn brauchte das etwas Selbstvertrauen, resp. Sichselbstzutrauen, weil beides nach einem solchen Ereignis doch erheblich eingeschränkt ist. Und es brauchte Menschen, die da waren und mir Mut machten.
Mittlerweile bin ich wieder in meinem gewohnten Lebensumfeld gelandet. Auch hier unterstützen mich die Hunde beim Einleben und Ankommen. Durch sie ist der Alltag strukturiert, ich habe nicht soviel Zeit zum Nachdenken, sondern muss ins Handeln kommen, was ja wiederum sehr ergotherapeutisch daher kommt. Ich bin froh und dankbar, dass mir das alles wieder möglich ist. Und dass ich weiterhin in meinem Beruf als Ergotherapeutin und Hundetrainerin arbeiten kann.